Ohrenschmerzen in der Arena?

27 04 2011

Lautstärke – Jede Woche lösen wir ein Rätsel des Alltags. Heute: strapazierende Sirene.

Da platzt fast das Trommelfell. Eine stimmungsvolle Atmosphäre und somit unweigerlich lautstarke Hintergrundkulisse wünscht sich zwar jeder Basketballfan bei den Spielen in der Ludwigsburger Arena, im Optimalfall sollten dafür aber die Anhänger selbst sorgen und nicht die Lautsprecherboxen in der Halle, wie es bei den Bundesliga-Basketballern der Fall ist. Da wird jeder Gesprächsfaden durchschnitten, wenn die Sirene beim Testlauf im Vorfeld einer Partie schrill und viel zu laut über die Beschallungsanlage in den Gehörgang dröhnt. Da fragen sich einige Besucher: Warum muss dieses Signal meine Ohren so strapazieren?

Die Antwort lautet: die Basketballer können im Prinzip nichts dafür, sie folgen nur den Vorschriften. Die Sirene muss bei diesem Spiel bei Auswechslungen und Auszeiten ertönen, was doch recht häufig in den 40 Minuten Spielzeit vorkommt. Und der Ludwigsburger Teammanager Mario Probst berichtet, dass der Club in der vergangenen Saison vom Verband kritisiert worden sei, weil diese Sirene zu leise sei. Die Lautstärke wird letztlich durch eine Hallenabnahme der Verbandsvertreter festgelegt. Vielleicht hören diese Damen und Herren ja schlecht oder registrieren durch die ständigen Abnahmen die Schmerzen in ihren eigenen Ohren gar nicht mehr.

Aber „vielleicht ist die Sirene auf dem Feld ja auch weniger zu hören“, sagt Probst, „oder die Stimmung ist bei uns einfach so gut, dass das Signal lauter sein muss als in anderen Arenen“. Oder der Club dreht absichtlich auf, um auch ja alle Zuschauer vor dem Spielbeginn wachzurütteln. Möglicherweise hat der Lärm am Samstagabend aber sogar einem Besucher geholfen, und zwar demjenigen, der den 1000-Euro-Wurf in einer Spielpause von der Mittellinie im Korb versenkte. Schließlich fährt die Arenasirene in jede Zelle des Körpers, so dass alle Muskeln und Nerven bereit sind für eine Höchstleistung.

Genau die hat den Bundesligaspielern bei der Niederlage im letzten Hauptrundenspiel vor drei Tagen leider gefehlt: Sie verpassten knapp die Play-offs. Daher noch ein Tipp für die Profis gegen kritische Stimmen: Ohren zu und durch.

veröffentlicht in der Stuttgarter Zeitung (26. April 2011)





Frust statt Freibier

27 04 2011

EnBW Ludwigsburg verliert das letzte Hauptrundenspiel 79:94 gegen Frankfurt und verpasst erneut die Play-offs. Die Verantwortlichen hadern mit dem schlechten Saisonstart.

Ludwigsburg ist vorbereitet gewesen. Am Samstagabend war die Fantribüne in der Arena schon 20 Minuten vor dem Spiel gefüllt, gelbe T-Shirts bestimmten das Bild auf den Rängen, auch die Clubmitarbeiter trugen die Vereinsfarbe. Die Besucher hielten Anfeuerungsschilder und speziell angefertigte Play-off-2011-Schals in die Höhe, außerdem sollte Freibier nach dem erhofften Sieg ausgeschenkt werden – bei einer Endrundenparty in einer Bar neben der Halle.

Selbst die Deutsche Bank Skyliners aus Frankfurt schienen der EnBW Ludwigsburg den Festabend nicht vermiesen zu wollen, zumindest zeugte das Gähnen von Quantez Robertson bei den Dehnübungen während des Aufwärmens nicht von allzu großer Anspannung. Aber der Bundesligazweite aus Hessen spielte dann doch nicht so, wie die Ludwigsburger es gerne gesehen hätten, gewann deutlich mit 94:79 (47:32) und schmiss sie aus den Play-off-Rängen.

Denn gleichzeitig gewannen Göttingen sowie Bremerhaven, und da den Ludwigsburgern im direkten Vergleich mit den Norddeutschen sieben erzielte Punkte fehlen, dürfen die Bremerhavener dorthin, worauf sich die 3850 Ludwigsburger Zuschauer am Samstag so sehr gefreut hatten. Ihr Team verpasst damit zum vierten Mal nacheinander den Sprung in die Endrunde.

„Es fühlt sich an, wie wenn dir jemand den Stecker rauszieht“, sagte der Teammanager Mario Probst, „dass es so knapp ist, tut besonders weh.“ Einige Spieler hätten in der Kabine geweint. „Wir waren immer an den Play-offs dran, aber nie richtig drin“, betonte Probst. Die Ursache lag letztlich nicht an der Niederlage gegen die starken Frankfurter, die sehr intensiv, kämpferisch und schnell agierten. Vielmehr machten die Verantwortlichen den schlechten Saisonstart und einige besonders bittere Niederlagen als Hauptgrund des Scheiterns aus. Der Trainer Markus Jochum nannte die gegen Oldenburg nach einer hohen Führung oder die beim bis zuletzt akuten Abstiegskandidaten Bayreuth.

Aber auch am Samstag verärgerte die Mannschaft ihren Trainer des Öfteren. Als Frankfurts Carl Lindbom zu Beginn des Schlussviertels einen Dreipunktewurf vergab, sich selbst den Abpraller holte und per Korbleger zum 78:56 für die Gäste traf, breitete Jochum fragend die Arme aus, tippelte energisch auf dem Boden und schrie in Richtung seiner Spieler. Die Szene konnten die Zuschauer mehrmals an diesem Abend beobachten, und Jochum wirkte dabei ratlos, wütend und enttäuscht zugleich. „Man kann nur über eine gute Verteidigung zurück ins Spiel finden“, sagte er, „das haben wir heute keineswegs geschafft.“ Sein Team hätte sich die eigenen Würfe zudem „hart erarbeiten“ müssen und habe diese dann auch noch schlecht getroffen.

Das lag einerseits an dem großen Druck in diesem entscheidenden letzten Spiel, andererseits auch an dem starken Gegner aus Frankfurt. „Ich weiß gar nicht, worüber ich mehr enttäuscht bin. Darüber, dass wir die Play-offs verpasst haben oder dass wir im entscheidenden Spiel chancenlos waren“, sagte der Vorstandsvorsitzende Alexander Reil, „ich glaube Letzteres.“ Der geplante Ludwigsburger Festabend endete schließlich mit dem Abschied in die Sommerpause und großer Ernüchterung.

veröffentlicht in der Stuttgarter Zeitung am 26. April 2011